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Förderverein errichtete Gedenkstein für die Clemens-Schwestern auf dem Uedemer Friedhof

Mehr als 150 Jahre haben die Barmherzigen Schwestern (im Volksmund nach dem Ordensgründer, dem späteren Kölner Erzbischof Clemens August Droste zu Vischering, stets als Clemens-Schwestern bezeichnet) in Uedem in der Kranken- und Altenpflege segensreich gewirkt. Viele der in dieser Zeit aktiven Schwestern sind auf einem Grabfeld des Uedemer Friedhofs beerdigt, was aber nur für „Eingeweihte“ noch erkennbar war, weil sich an dieser Stelle nur noch eine Grasfläche ohne Grabmale oder sonstige Erkennungsmerkmale befand.

Der Vorstand des Fördervereins St. Franziskus Uedem hat nun zu Ehren der Schwestern und zur Erinnerung an sie ein Wegkreuz mit besonderer Historie sowie einen Gedenkstein in Form einer Stele errichten lassen. Das Wegkreuz stand zuletzt im Garten des verstorbenen Pastors  Geurtz. Der Gedenkstein wurde angefertigt von der Firma van Huet & Weber aus Sonsbeck. Die Maßnahme wurde durch Mittel der Stiftung der Volksbank an der Niers für Heimatforschung und Heimatpflege unterstützt.

Am Samstag, den 23. Juni 2018 wurden Kreuz und Gedenkstein in einer kurzen Zeremonie und in Anwesenheit einiger Clemens-Schwestern durch Pastor Berthold Engels auf dem Friedhof Uedemein geweiht.

Steele und Kreuz zum Gedenken an das Wirken der Clemens-Schwestern in Uedem

Die Bedeutung der Clemens-Schwestern in der Uedemer Historie kann nur schwer hinreichend gewürdigt werden. Bereits im Jahr 1858 wurde die Niederlassung der Barmherzigen Schwestern in Uedem gegründet. Den Schwestern wurde in diesem Jahr die Leitung des neu gegründeten Uedemer Krankenhauses übertragen. 1910 wurde in direkter Nachbarschaft zum Krankenhaus eine „Kleinkinderverwahrschule“ (heute würde man sagen: Kindergarten) eröffnet, die ebenfalls von den Clemens-Schwestern geleitet wurde. 1920 übernahmen sie auch noch die Handarbeitsschule, in der bis zu 65 Schülerinnen unterrichtet wurden, ehe diese 1938 durch die NSDAP geschlossen wurde.

Nachdem im zweiten Weltkrieg Uedem und damit auch Krankenhaus und Kindergarten nahezu vollständig zerstört worden waren, kehrten noch im Jahre 1945 die Schwestern wieder nach Uedem zurück und eröffneten erneut ein Krankenhaus im Südflügel des Klosters der Heimsuchung. Bereits 1949 wurde zusätzlich ein Seniorenheim eingerichtet. Nach verschiedenen Neu- und Umbauten in den sechziger Jahren des 20. Jahrhunderts wurde das Uedemer Krankenhaus im Jahr 1975 auf Beschluss der Krankenhaus-Zielplankonferenz geschlossen.Nachfolgend wurde es zu einem Alten- und Pflegeheim umgebaut. 1997 übernahm die Caritas die wirtschaftliche Verantwortung für das Uedemer Altenheim. Die fachliche Leitung blieb aber bei den Clemens-Schwestern.

2008 feierten die Clemens-Schwestern ihr 150 jähriges Jubiläum in Uedem mit einem großen Umzug. Noch bis 2011 wirkten sie in Uedem, bevor sie sich schließlich aus Mangel an Nachwuchs zurückziehen mussten.

Text: Dr. Burkhard Scherf

Der Fromme von morgen …

„Der Fromme von morgen wird ein ‚Mystiker‘ sein, einer, der etwas ‚erfahren‘ hat, oder er wird nicht mehr sein, weil die Frömmigkeit von morgen nicht mehr durch die im voraus zu einer personalen Erfahrung und Entscheidung einstimmige, selbstverständliche öffentliche Überzeugung und religiöse Sitte aller mitgetragen wird, die bisher übliche religiöse Erziehung also nur noch eine sehr sekundäre Dressur für das religiöse Institutionelle sein kann. Die Mystagogie muß von der angenommenen Erfahrung der Verwiesenheit des Menschen auf Gott hin das richtige ‚Gottesbild‘ vermitteln, die Erfahrung, daß des Menschen Grund der Abgrund ist: daß Gott wesentlich der Unbegreifliche ist; daß seine Unbegreiflichkeit wächst und nicht abnimmt, je richtiger Gott verstanden wird, je näher uns seine ihn selbst mitteilende Liebe kommt.“

Das schreibt Karl Rahner schon 1971. Wer das Zitat noch nicht ganz verstanden hat, der kann es auch aufdröseln. Christ wird nur noch der sein, der etwas erfahren hat, weil eine einstimmige, selbstverständliche und öffentliche Überzeugung aller (Stichwort Volkskirche) nicht mehr gegeben ist. Die religiöse Erziehung ist heute zu einer Art Dressur verkümmert, wie man sich in der Kirche oder zu bestimmten Anlässen äußerlich benimmt (das meint Rahner mit der Dressur für das religiös Institutionelle). Rahner geht es um die Erfahrung Gottes, was mehr ist als Benimmregeln oder religiöses Brauchtum. Denn das hat für Rahner keine Zukunft. Welcher Gott soll denn verkündet und noch besser erfahren werden? Welches „Gottesbild“? Hier sagt Rahner am Ende des Zitats: Gott ist wesentlich der Unbegreifliche. Und Gottes Unbegreiflichkeit, Unerklärlichkeit, Unverständlichkeit wächst auch noch, je näher seine Liebe zu uns kommt. Gott ist wesentlich Geheimnis. Wer das nicht erfährt, so Karl Rahner, wird kein Christ bleiben. Oder noch einmal im Originalton:„Der Fromme von morgen wird ein ‚Mystiker‘ sein, einer, der etwas ‚erfahren‘ hat, oder er wird nicht mehr sein …“

Aschermittwoch und das Aschenkreuz

Das Aschenkreuz steht am Anfang der 40 Tage, die zum Osterfest führen. Am Beginn dieses Weges sehen wir der Realität unseres Lebens ins Auge und diese Realität zeigt uns unsere Grenzen auf. Die Lebenszeit vergeht oder wie es im Psalm heisst, der Mensch ist wie eine Blume, sie blüht und verwelkt und der Ort, wo sie stand, weiß von ihr nichts mehr. Traurige Wahrheit, schmeckt bitter und ist dennoch wahr. Dafür steht die Asche. Sie ist das Zeichen der Vergänglichkeit. Erst wenn wir bestimmte Dinge annehmen, werden wir auch in der Lage sein, sie zu verändern. Was ich angenommen habe, kann ich auch ändern. Was ich ignoriere oder verdränge, kann ich kaum ändern. Ich schiebe es ja weg oder sehe erst gar nicht hin. Es ist aber deswegen nicht verschwunden. Mit dem Aschenkreuz stelle ich mich meinem Menschsein, aber nicht in einem Akt der Verzweiflung oder der Ausweglosigkeit, sondern in einem ersten Schritt auf das Fest des Lebens zu. Ostern ist das Ziel und Ostern heisst Leben. Wenn ich all das Tote in mir dem lebendigen Gott hinhalte, wenn ich meine Fehler sehe und dazu stehe, wenn ich schwach sein darf und an meine Grenzen komme, dann wird an mir das Kreuz sichtbar, das Jesus auch trug, um es zum Siegeszeichen zu machen. Das ist paradox. Das Kreuz ist ein hässliches Zeichen, aber Jesus hat es getragen und überwunden. Wenn wir heute eingeladen sind, das Aschenkreuz auf unserer Stirn zu tragen, dann deswegen, um wieder lebendiger zu werden. Gott will nicht den Tod des Menschen, sondern dass er umkehrt und lebt. Damit beginnt die Fastenzeit am Aschermittwoch. Lassen wir uns heute damit segnen, um immer näher zum Osterfest zu kommen.

Alle Heiligen – Allerheiligen

Das Fest „Alle Heiligen“ nimmt nicht nur einen besonderen Heiligen in den Blick, sondern gleich alle. Alle Heiligen kennt niemand, denn es sind alle gemeint, die sich auf den Weg hin zu Gott gemacht, die voll Liebe Christus bezeugt haben und die in der Liebe Gottes aufstrahlen.

Ein schönes Bild im trüben November, wenn es schon dunkel geworden ist, dass die Heiligen uns das Licht bringen. St. Martin passt sehr gut dazu, wenn die Kinder das Licht mit ihren Laternen in die Dunkelheit tragen und alles hell wird. So sind die Heiligen, sie bringen das Licht der Liebe Gottes und machen hell. Daher steckt in diesem Fest auch eine Aufforderung, selbst heilig zu werden, sich heiligen zu lassen und die Liebe Gottes zu bezeugen.

Wir können auch Laternen sein, heil werden und Heil bringen, und liebender und gütiger werden. Es gibt dazu jeden Tag mehr als nur eine Möglichkeit dazu. Allerheiligen ist nicht ein Totenfest auf dem Friedhof in der Dunkelheit, sondern das Fest aller Heiligen, die uns zurufen, was Jesus über sich selbst gesagt hat: Ich bin das Licht der Welt! Komm, stell dich in sein Licht und werde es gleichzeitig!

Das Testament des hl. Franziskus

Das Testament

1. So hat der Herr mir, dem Bruder Franziskus, gegeben, das Leben der Buße zu beginnen: Denn als ich in Sünden war, kam es mir sehr bitter vor, Aussätzige zu sehen.

2. Und der Herr selbst hat mich unter sie geführt, und ich habe ihnen Barmherzigkeit erwiesen.

3. Und da ich fortging von ihnen, wurde mir das, was mir bitter vorkam, in Süßigkeit der Seele und des Leibes verwandelt. Und danach hielt ich eine Weile inne und verließ die Welt.

4. Und der Herr gab mir in den Kirchen einen solchen Glauben, dass ich in Einfalt so betete und sprach:

5. „Wir beten dich an, Herr Jesus Christus, – auch in allen deinen Kirchen, die in der ganzen Welt sind, – und preisen dich, weil du durch dein heiliges Kreuz die Welt erlöst hast.“

6. Danach gab und gibt mir der Herr einen so großen Glauben zu den Priestern, die nach der Vorschrift der heiligen Römischen Kirche leben, wegen ihrer Weihe, dass ich, wenn sie mich verfolgen würden, bei ihnen Zuflucht suchen will.

7. Und wenn ich so große Weisheit hätte, wie Salomon sie gehabt hat, und fände armselige Priester dieser Welt – in den Pfarreien, wo sie weilen, will ich nicht gegen ihren Willen predigen.

8. Und diese und alle anderen will ich fürchten, lieben und ehren wie meine Herren.

9. Und ich will in ihnen die Sünde nicht sehen, weil ich den Sohn Gottes in ihnen unterscheide und sie meine Herren sind.

10. Und deswegen tue ich das, weil ich materiell von ihm, dem höchsten Sohn Gottes, in dieser Welt nichts sehe als seinen heiligsten Leib und sein heiligstes Blut, das sie selbst empfangen und sie allein den anderen darreichen.

11. Und diese heiligsten Geheimnisse will ich über alles hoch geachtet, verehrt und an kostbaren Stellen aufbewahrt wissen.

12. Die heiligsten Namen und seine geschriebenen Worte will ich, wo immer ich sie an unpassenden Stellen finden werde, auflesen und bitte, dass sie aufgelesen und an einen ehrbaren Ort hingelegt werden.

13. Und alle Gottesgelehrten und die Gottes heiligste Worte mitteilen, müssen wir hoch achten und ehren als solche, die uns Geist und Leben mitteilen (vgl. Joh 6,64).

14. Und nachdem mir der Herr Brüder gegeben hatte, zeigte mir niemand, was ich tun sollte, sondern der Höchste selbst hat mir geoffenbart, dass ich nach der Form des heiligen Evangeliums leben sollte.

15. Und ich habe es mit wenigen Worten und in Einfalt schreiben lassen, und der Herr Papst hat es mir bestätigt.

16. Und jene, die kamen, Leben zu empfangen, gaben „alles, was sie haben mochten“ (Tob 1,3), den Armen. Und sie waren zufrieden mit einem Habit, innen und außen geflickt, samt Gürtelstrick und Hosen.

17. Und mehr wollten wir nicht haben.

18. Das Offizium sprachen wir Kleriker wie andere Kleriker, die Laien sprachen Vaterunser. Und sehr gern blieben wir in den Kirchen.

19. Und wir waren ungebildet und allen untertan.

20. Und ich arbeitete mit meinen Händen und will arbeiten; und es ist mein fester Wille, dass alle anderen Brüder eine Handarbeit verrichten, die ehrbar ist.

21. Die es nicht können, sollen es lernen, nicht aus dem Verlangen, Lohn für die Arbeit zu erhalten, sondern um ein Beispiel zu geben wegen und den Müßiggang zu vertreiben.

22. Und wenn uns einmal der Arbeitslohn nicht gegeben würde, so wollten wir zum Tisch des Herrn Zuflucht nehmen und Almosen erbitten von Tür zur Tür.

23. Als Gruß, so hat mir der Herr geoffenbart, sollten wir sagen: „Der Herr gebe dir den Frieden!“

24. Hüten sollen sich die Brüder, dass sie Kirchen, ärmliche Wohnungen und alles, was für sie gebaut wird, keinesfalls annehmen, wenn sie nicht sind, wie es der heiligen Armut entspricht, die wir in der Regel versprochen haben; sie sollen dort immer herbergen wie Pilger und Fremdlinge (vgl. 1 Petr 2,11).

25. Ich befehle streng im Gehorsam allen Brüdern, wo sie auch sind, ja nicht zu wagen, irgendeinen Brief bei der römischen Kurie zu erbitten, weder selbst noch durch eine Mittelsperson, weder für eine Kirche noch sonst für einen Ort, weder unter dem Vorwand der Predigt noch wegen leiblicher Verfolgung;

26. sondern, wo immer man sie nicht aufnimmt, sollen sie in ein anderes Land fliehen, um mit dem Segen Gottes Buße zu tun.

27. Und fest will ich dem Generalminister dieser Brüderschaft gehorchen oder sonst dem Guardian, den er mir nach seinem Ermessen gibt.

28. Und ich will so gefangen sein in seinen Händen, dass ich nicht gehen noch handeln kann gegen den Gehorsam und seinen Willen, weil er mein Herr ist.

29. Und obwohl ich einfältig und krank bin, will ich doch immer einen Kleriker haben, der mit mir das Offizium betet, wie es in der Regel steht.

30. Und alle anderen Brüder sollen gehalten sein, ebenso ihren Guardianen zu gehorchen und das Offizium der Regel gemäß zu halten.

31. Und sollten sich solche finden, dass sie das Offizium nicht der Regel gemäß hielten und durch eine andere Art abändern wollten oder nicht katholisch wären – alle Brüder, wo sie auch sind, sollen im Gehorsam verpflichtet sein, einen solchen, wo sie ihn auch finden, dem nächsten Kustos jenes Ortes, wo sie ihn gefunden haben, vorzuführen.

32. Und der Kustos sei streng im Gehorsam verpflichtet, ihn bei Tag und bei Nacht wie einen Gefangenen scharf zu bewachen, so dass er seinen Händen nicht entrissen werden kann, bis er ihn in eigener Person den Händen seines Ministers übergibt.

33. Und der Minister sei streng im Gehorsam verpflichtet, ihn durch solche Brüder zu schicken, dass sie ihn bei Tag und Nacht wie einen Gefangenen bewachen, bis sie ihn vor den Herrn von Ostia geführt haben, welcher der Herr, Beschützer und Verbesserer der ganzen Brüderschaft ist.

34. Und die Brüder sollen nicht sagen: Dies ist eine andere Regel; denn dies ist eine Erinnerung, Ermahnung, Aufmunterung und mein Testament, das ich, der ganz kleine Bruder Franziskus, euch, meinen gebenedeiten Brüdern, aus dem Grunde mache, damit wir die Regel, die wir dem Herrn versprochen haben, besser katholisch beobachten.

35. Und der Generalminister und alle anderen Minister und Kustoden seien im Gehorsam gehalten, zu diesen Worten nichts hinzuzufügen oder wegzunehmen.

36. Und immer sollen sie dieses Schriftstück bei sich haben neben der Regel.

37. Und auf allen Kapiteln, die sie halten, sollen sie auch diese Worte lesen, wenn sie die Regel lesen.

38. Und allen meinen Brüdern, Klerikern und Laien, befehle ich streng im Gehorsam, dass sie keine Erklärungen zur Regel und auch nicht zu diesen Worten hinzufügen, indem sie sagen: So wollen sie verstanden werden.

39. Sondern wie mir der Herr gegeben hat, einfältig und lauter die Regel und diese Worte zu sagen und zu schreiben, so sollt ihr sie einfältig und ohne Erklärung verstehen und mit heiligem Wirken bis ans Ende beobachten.

40. Und wer immer dieses beobachtet, werde im Himmel erfüllt mit dem Segen des höchsten Vaters und werde auf Erden erfüllt mit dem Segen seines geliebten Sohnes in Gemeinschaft mit dem Heiligsten Geiste, dem Tröster, und allen Kräften des Himmels und allen Heiligen.

41. Und ich, der ganz kleine Bruder Franziskus, euer Knecht, bestätige euch, soviel ich nur kann, innen und außen diesen heiligsten Segen.

Weihnachten

»Gott wird dann in uns geboren, wenn alle Kräfte unserer Seele, die vorher durch Gedanken, Bilder und was es auch sei, gebunden und gefangen waren, ledig und frei werden und in uns alle Absicht zum Schweigen kommt.«

Meister Eckhart

Wormser Weihnacht

Wormser Weihnacht

Ein Pfarrer will in Worms gemeinsam mit Aktivisten anhand einer Bibellesung auf das Schicksal von Flüchtlingen aufmerksam machen und gegen Fremdenfeindlichkeit demonstrieren. Die Stadt Worms und auch das Verwaltungsgericht Mainz verbieten die Aktion – diese störe die Stimmung auf dem Weihnachtsmarkt. Nach einigem Hin und Her finden beide Seiten schließlich einen Kompromiss. Von Annette Zoch

„Steh auf, nimm das Kind und seine Mutter und flieh nach Ägypten; denn Herodes wird das Kind suchen, um es zu töten.“ So steht es im Matthäus-Evangelium über die ersten Tage im Leben Jesu. Diese Textpassagen wollte der evangelische Pfarrer Fritz Delp an diesem Dienstag zusammen mit Kirchenvertretern und Anti-rechts-Aktivisten auf dem Wormser Weihnachtsmarkt vorlesen – um gegen Fremdenfeindlichkeit zu demonstrieren und um darauf aufmerksam zu machen, dass auch die Heilige Familie eine Flüchtlingsfamilie war. Nach Ansicht der Stadt Worms stört das die Stimmung auf dem Weihnachtsmarkt. Sie hat die vor der lebensgroßen Krippe geplante Kundgebung verboten. Das Verwaltungsgericht Mainz hat der Stadt recht gegeben. Bei den Weihnachtsmarktbesuchern handele es sich in der Regel um Familien mit kleinen Kindern, die sich neben Erwachsenen unbeschwert im Bereich des Weihnachtsmarktes bewegen wollen, heißt es in der Verfügung des Ordnungsamtes Worms, die der SZ vorliegt. Weiter steht darin: „Nicht genauer definierte Darstellungen einer Krippenszene vor einer Krippe können zu Irritationen führen.“ Szenische Lesung mit „Übersetzung in die deutsche Realität“ Die Veranstaltung sei im Namen des Piratenpartei-Kreisverbandes angemeldet worden, auch ein Megafon war angekündigt, so Stadt-Sprecher Hans Helmut Brecht. „Wir haben befürchtet, dass dort eine parteipolitische Veranstaltung stattfinden soll, und das würde den beschaulichen Charakter eines Weihnachtsmarktes stören.“ Das Verwaltungsgericht Mainz folgte dieser Ansicht. Der Weihnachtsmarkt habe eine eindeutige Zweckbestimmung, sagt Vizepräsident Wilfried Eckert. Für politische Botschaften sei dort kein Platz. Zudem habe die Stadt andere Standorte angeboten. „Es geht nicht um ein Verbot als solches, sondern um ein Verbot an dieser Stelle.“ Pfarrer Delp sagt, seine Gruppe habe eine szenische Lesung geplant, mit Texten aus dem Matthäus-Evangelium und einer „Übersetzung in die deutsche Realität“. In seiner Luthergemeinde organisiert er seit geraumer Zeit mit anderen Aktivisten einen Runden Tisch gegen Fremdenfeindlichkeit. Dieser beteiligt sich auch an Mahnwachen gegen rechts, die in Worms seit dem Einzug eines NPD-Mannes in den Stadtrat regelmäßig abgehalten werden. Delp und seine Mitstreiter einigten sich mit der Stadt schließlich auf einen Kompromiss und verlegten die Aufführung auf die gegenüberliegende Seite des Marktes.

Quelle: Süddeutsche Zeitung vom 17.12.2014

Über das (adventliche) Warten

Wenn man es richtig überlegt, wartet man jeden Tag. Ich meine nicht unbedingt das Warten vor der Ampel oder vor der Kasse in einem Supermarkt, sondern etwas tiefer gedacht. Warten als eine Art von „Ich bin gespannt, was (noch) kommt.“

Was oder wer kommt heute auf mich zu? Verändert sich etwas? Begegne ich heute jemandem? Ich warte mein Leben lang auf etwas, denn ich kann mein Leben nicht ständig planen – das Leben passiert in gewisser Weise.

Aber was passiert … das kann ich manchmal nur abwarten. Weil ich nicht weiß, was genau sein wird, leben wir in einem Wartezustand. Kann das sein? Empfinden Sie das ähnlich? Das bedeutet ja nicht, dass ich völlig passiv bin und die Hände in den Schoß lege.

Ich will nur sagen, dass der Mensch offen sein kann für das, was auf ihn zukommt. So bin ich grundsätzlich ein Wartender. Niemand weiß, was sich in der nächsten Stunde ereignen wird.

Der Advent als Zeit des Wartens und Erwartens ist nicht nur vor Weihnachten, er ist immer. Immer kann es sein, dass etwas passiert und auf mich zukommt. Ich hoffe es sogar.

Kirche – Kirchweih – Kirmes

Mitten in unseren drei Orten steht eine Kirche, schwer zu übersehen. Große Räume, die offen stehen und meist leer sind. Sie sind auch leer, weil es keine Orte der Produktion sind, dort findet man keine Maschinen, Büroräume oder Werkstätten. Sie sind leer, weil sie auf  die Menschen warten, die in der Kraft des Geistes Leben hineinbringen. Außerdem kann man Gott gut finden, wenn man in einem großen Raum einfach der Stille lauscht. Solche Kirchen sind schon ein Luxus. Luxus bedeutet wörtlich: überflüssig. Sollten sie wirklich überflüssig werden, verschwinden die öffentlichen, geweihten oder reservierten Räume für Gottes Gegenwart. In der Schrift heißt es: Wisst ihr nicht, dass ihr Gottes Tempel seid und der Geist Gottes in euch wohnt? (1. Korintherbrief, 3, 16) Der Mensch ist ein Tempel Gottes, daran erinnert jede Kirche, die im Dorf steht. Du bist der Ort, wo Gott wohnt, sein Geist weht und die Welt erfüllt. Wenn ich eine Kirche sehe oder betrete, soll ich mich erinnern lassen, was wirklich eine Kirche ausmacht. Der Ort des Heiligen steht mitten in unseren Orten und sagt: Bist Du nicht auch eine kleine Kirche? In der Taufe geweiht und in der Feier jeder Messe kommt immer wieder Christus zu Dir und in Dich hinein. Daran erinnern die Kirchen aus Stein: Die lebendigen Steine sind die Menschen selbst. Völl Glöcks met de Kermes.

 

Gottes Geist für uns – Pfingsten

Pfingsten – pentecoste hemera – heißt nichts anderes in der griechischen Sprache als: 50 Tage. 50 Tage nach Ostern. Hinter Pfingsten steht die Frage: Wie bleibt der auferstandene Christus bei uns? Er kann ja nicht dauerhaft den Jüngern erscheinen. Wann traut Jesus ihnen zu, selbstbewusst und eigenverantwortlich zu leben, seine Worte und Taten zu verkünden und Verantwortung zu übernehmen? Am Pfingsttag.
Jesus musste gehen, damit die Jünger ihr verschlossenes Haus verlassen. Er lässt sie ja nicht allein, sondern gibt ihnen seinen langen Atem. Der Geist ist die Kraft des Auferstandenen. Wie passt der Geist mit unserem Leben eigentlich zusammen? Ignatius von Loyola sagt es so: „Dies sei die erste Regel für das, was zu tun ist: Vertraue so auf Gott, als hinge der gesamte Erfolg der Dinge von dir, nichts von Gott ab; wende ihnen alle Mühe so zu, als werdest du nichts, Gott allein alles tun.“
Jesus geht, und vertraut damit den Jüngern, dass es gut wird. In diesem Geist konnte die Kirche werden.